Anzeige

„Tosca“ bleibt zeitlos: Eine Wiederaufnahme in der Staatsoper Hamburg, die unter die Haut geht

Ausführliche Review!

© Brinkhoff-Moegenburg

Die Hamburgische Staatsoper hat Puccinis Klassiker „Tosca“ in der Regie von Robert Carsen wieder auf den Spielplan gehoben – und wir waren bei der Premiere der Wiederaufnahme am 26. Oktober dabei. Seit Jahren zählt diese Inszenierung zu den beliebtesten in Hamburg, und erneut zeigte sich, warum: Sie setzt nicht auf überbordende Effekte, sondern auf klare Bilder, starke Emotionen und große Stimmen.


Worum geht’s?

„Tosca“ ist ein musikalisches Drama über Liebe, Freiheit und Macht. Im politisch unruhigen Rom des Jahres 1800 verliebt sich die gefeierte Sängerin Floria Tosca in den Maler Mario Cavaradossi. Als dieser einen geflohenen politischen Gefangenen versteckt, gerät er ins Visier des brutalen Polizeichefs Scarpia. Intrigen, Erpressung und Missbrauch von Macht führen die Liebenden in eine ausweglose Situation. Toscas verzweifelter Versuch, ihren Geliebten zu retten, endet schließlich in einer Tragödie, wie sie nur die Oper schreiben kann.

Starke Stimmen, große Emotionen

In der Titelrolle erlebten wir Ewa Vesin, die mit großer Hingabe, emotionaler Tiefe und beeindruckender stimmlicher Kraft überzeugte. Vesin brachte Toscas Vielschichtigkeit wunderbar auf die Bühne: die leidenschaftliche Künstlerin, die liebende Frau, die eifersüchtige Diva – und schließlich die verzweifelte Kämpferin gegen ein übermächtiges System. Ihr „Vissi d’arte“ war zweifellos einer der Höhepunkte des Abends: berührend, frei von Pathos und getragen von einem tiefen inneren Schmerz.

Als Cavaradossi stand Joseph Calleja auf der Bühne – und begeisterte mit goldenem Tenor und strahlender Höhe. Sein „E lucevan le stelle“ im dritten Akt war lyrisch, kraftvoll und ebenso voller persönlicher Verletzlichkeit. Calleja und Vesin harmonierten wunderbar miteinander; ihre Szenen lebten vom intensiven Zusammenspiel und einem glaubhaften emotionalen Bogen.


Inszenierung: Reduziert, aber wirkungsvoll

Robert Carsens Inszenierung verzichtet auf historische Üppigkeit und erzählt die Geschichte in klaren, zeitlosen Bildern. Das reduziert-moderne Bühnenbild betont die psychologische Ebene des Dramas: Machtstrukturen, Abhängigkeit, Öffentlichkeit und die Frage nach der Rolle der Kunst im Angesicht politischer Gewalt. Dass Tosca hier als gefeierte Bühnenfigur permanent unter Beobachtung steht, verstärkt den Druck, unter dem sie zerbricht. Das wirkt nahbar, greifbar – und bedrückend aktuell.

Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg unter der musikalischen Leitung von Giampaolo Bisanti lieferte dazu einen fein ausbalancierten Klang: farbig, emotional, in den dramatischen Momenten kraftvoll, in den leisen Szenen sensibel und atmend. Chor und Kinderchor ergänzten das Klangbild ebenfalls überzeugend.

Fazit

Diese Wiederaufnahme von „Tosca“ ist ein packender Opernabend mit zwei herausragenden Hauptrollen, einer schlüssigen, unaufgeregten Regie und einem souveränen Orchester. Wer Puccinis Musik liebt – und wer erleben will, wie meisterlich Oper große Gefühle und menschliche Abgründe ausleuchten kann – sollte sich diese Produktion nicht entgehen lassen.

Weitere Beiträge

Anzeige

Beitrag teilen

WhatsApp
Email
Facebook
Twitter